Kennst Du schon Leons Klub? Dort begibst Du Dich gemeinsam mit Leon, Expert:innen und anderen Mitglieder:innen auf eine spannende Reise in die Welt der Psychologie. 

So stoppst Du dein Grübeln

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Grübeln kann die Hölle sein. So viele von uns drehen ihre Gedanken immer und immer wieder durch den Fleischwolf. Oft entstehen dann düstere Wolken: Was könnte schiefgehen? Wovor sollte ich Angst haben? Wie schrecklich waren meine Erfahrungen in der Vergangenheit? In solchen Gedankenschleifen kann man sich verfangen. Statt zu handeln, statt zu entscheiden, wird dann nur noch gegrübelt. Depressive kennen das im Extremen. Man spricht vom Ruminieren, wenn man im Kopf alles wiederkäut und dunkel färbt. Und weil das keiner gerne macht und trotzdem so viele betroffen sind, helfen wir gerne. Die Psychologie kennt Tricks, die wirken. Wir zeigen euch, wie ihr das Gedankenkarussell im Kopf stoppt und eurem Grübeln ein Ende setzt.

Warum grübeln wir?

Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns das psychologische Emotionskaskadenmodell – das »Emotional Cascade Model« – an. Das geht davon aus, dass Grübeln und negative Emotionen sich gegenseitig beeinflussen und sich mit der Zeit verstärken. Je mehr wir über etwas nachdenken, desto schlechter fühlt es sich an. Desto mehr wiederum fokussieren wir uns auf dieses schlechte Gefühl und die damit verbundenen Sorgen. Ein Teufelskreis ist geboren.

Auch unsere Gesellschaft scheint Einfluss auf unsere Grübelei zu haben. Das ist zumindest das Ergebnis einer spannenden Studie unter der Leitung der klinischen Psychologin Lucy McGuirk von der University of New South Wales.

Hundertsechzehn australische Student:innen setzten sich dafür an unlösbare Anagramm-Aufgaben. Eine Gruppe war dabei in einem neutralen Raum ohne Deko mit kahlen, weißen Wänden. Die andere Gruppe erledigte die Aufgaben in einem Raum, der tapeziert war mit Motivationspostern und Sprüchen zum positiven Denken. Bücher à la »Wie werde ich glücklich in 30 Tagen« lagen rum und die Versuchsleitung wurde nicht müde zu betonen, wie wichtig es sei, jegliche Negativität im Leben loszulassen. Kurz: Ein Raum voller übertriebener Happiness.

Was macht das jetzt mit einem, wenn man versagt, also die Aufgaben nicht lösen kann? Wir grübeln mehr über unseren Misserfolg. Zumindest war das bei den Versuchspersonen der Fall. Im Gegensatz zu den Leuten im neutralen Raum, dachten die im Happiness-Raum später mehr über ihre Fehler nach.

Das heißt, je mehr Gewicht auf Positivität und Happiness liegt, desto schlimmer empfinden wir Scheitern und machen uns viele Sorgen darüber.

Besonders nachts verfolgen uns die Sorgen

Abends im Bett scheinen unsere Gedanken zu rasen. Aber warum? Der Spektrum-Artikel von Jürgen Zulley beschreibt anschaulich und wissenschaftlich fundiert, warum unsere Sorgenschleifen dann am stärksten sind, wenn wir eigentlich schlafen wollen. Das hängt besonders mit unserer Biochemie zusammen, die sich nachts eher auf Grübeln einstellt als tagsüber. Der deutsche Schlafforscher Dr. Hans-Günter Weeß sagt dazu im Bild-Interview treffend: »Wir verfallen nachts in eine Art Depression.«

Was tun? – 7 Tipps gegen Grübeln

Die Studienlage ist klar: Grübeln und Sorgen machen schadet uns langfristig. Deshalb brauchen wir Strategien, wie wir das Ganze im Zaum halten können. Wir haben für euch die besten Tipps von drei Expert:innen zum Thema zusammengetragen: Dr. Tobias Teismann, Gwendoline Smith und Nick Wignall.

1. Der Zwei-Minuten-Test

Denkst Du noch oder Grübelst Du schon? Verfolge deine Gedanken für zwei Minuten weiter, ohne darauf Einfluss zu nehmen. Frag dich danach: Bin ich einer Lösung nähergekommen? Wenn Du die Frage mit nein beantwortest, grübelst Du wahrscheinlich.

2. Kontrolliert Grübeln

Über wie viel Prozent deines Grübelns hast du Kontrolle? Die meisten Menschen schätzen Ihre Einflussmöglichkeiten auf das Grübeln als gering ein – die wenigsten berichten hingegen von 0 Prozent Kontrolle. Es gilt deshalb, Strategien zu finden, mit denen sich die geringe, aber dennoch vorhandene Kontrolle steigern lässt. Wie? Punkt 3 verrät’s dir.

3. Bombardier dich mit Geräuschen

Grübeln fühlt sich an wie ein Klebenbleiben an negativen Gedanken. Um uns zu lösen, müssen wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Das können wir üben. Mit dem Aufmerksamkeitstraining von Adrian Wells.

In deutscher Sprache gibt’s die vollständige Trainingseinheit nach kostenloser Registrierung zum Download auf der Website Metakognitive Therapie von der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ulrich Schweiger.

Außerdem hier ein Video mit der englischen Version:

4. Plane ein Grübel-Date

Wenn wir grübeln, sind wir davon überzeugt, dass wir hier und jetzt darüber nachdenken müssen. Versuch mal, dir jeden Tag 5 Minuten »Sorgenzeit« fix einzuplanen. In dieser Zeit darf gegrübelt werden. Dann hast Du abseits davon Ruhe.

5. Grübeln nur auf Papier

Unsere Gedanken rasen, wenn wir ihnen den Raum im Kopf geben. Besser ist: Ab sofort darf nur noch gegrübelt werden, wenn Du mitschreibst. Setz dich hin und lass deinen Sorgen freien Lauf, während Du alles auf Papier festhältst. Das bringt mehr Ordnung und Perspektive rein.

6. Was steckt hinterm Grübeln?

Overthinking ist eine Gewohnheit, die uns kurzfristig hilft, uns weniger ängstlich, traurig, wütend usw. zu fühlen. Also, wenn Du weniger Grübeln willst, dann müssen wir an der Wurzel ansetzen: Wie kannst Du mit deiner Angst, Wut, Traurigkeit umgehen, ohne im Gedankenkarusell festzuhängen? Es braucht Tricks, wie wir unsere Emotionstoleranz steigern. Das schaffst du mit Tipp 7.

7. Nutze die 5-5-5-Regel

Wenn das nächste Mal ein ungutes Gefühl in dir auftaucht, mach Folgendes: Nimm dir ein Blatt Papier zur Hand, notier dir das Gefühl und seine Intensität auf einer Skala von 1-10. Stell dir nun den Timer auf 5 Minuten und geh dem nach, was Du getan hast oder tun wolltest. Nach Ablauf der 5 Minuten, komm wieder zurück zu deinem Gefühl und notiere wieder: Wie stark ist es? Wiederhole das noch zweimal. Verändert sich dein Gefühl ohne dass Du irgendwas Spezielles machst? Wird es weniger stark?

QUELLEN

Emotionskaskadenmodell: Selby, E. A., Kranzler, A., Panza, E., & Fehling, K. B. (2016). Bidirectional‐compounding effects of rumination and negative emotion in predicting impulsive behavior: Implications for emotional cascades. Journal of Personality, 84(2), 139-153.

Studie zur Grübel-Gesellschaft: McGuirk, L., Kuppens, P., Kingston, R., & Bastian, B. (2018). Does a culture of happiness increase rumination over failure?. Emotion, 18(5), 755.

»Warum erscheinen uns Sorgen nachts schlimmer?« Spektrum-Artikel  von Jürgen Zulley: 

»Warum erscheinen uns Sorgen nachts größer?« – Bild-Interview mit Dr. Hans-Günter Weeß.

Tipps gegen Grübeln:

Teismann, T. (2018). Grübeln: Wie Denkschleifen entstehen und wie man sie löst. Psychiatrie Verlag, Imprint BALANCE buch+ medien verlag.

Smith, G. (2021). The Book of Overthinking: How to Stop the Cycle of Worry. Atlantic Books.

»10 Simple Ways to Stop Overthinking Everything« von Nick Wignall 

Kennst Du schon Leons Klub? Dort begibst Du Dich gemeinsam mit Leon, Expert:innen und anderen Mitglieder:innen auf eine spannende Reise in die Welt der Psychologie. 

>