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So motivierst Du dich

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Motiviert arbeiten, Sport treiben oder lieben – mit genug Motivation gelingt alles. Das denke viele und wissen doch viel zu wenig über Motivation. Wie motiviert man sich selbst? Welche Gefahr versteckt sich hinter den falschen Belohnungen? Und wann kommt der Antrieb wirklich aus uns selbst und nicht durch Druck von außen? Wir haben wie immer Antworten aus der Psychologie und mitten aus'm Leben für euch und zeigen damit, wie man es schafft, sich selbst zu motivieren!

Wir wissen nicht, wie Motivation funktioniert – das »Kerzenproblem«

Das »Candle-Task-Experiment« vom Psychologen Karl Duncker ist ein ein kognitiver Leistungstest, dessen Aufgabe darin besteht, eine Kerze so an einer Wand zu befestigen, dass kein Wachs nach dem Anzünden auf den Boden tropft. [1] Als Hilfsmittel stehen eine Box Heftzwecken und ein paar Streichhölzer zur Verfügung. Zunächst versuchten die Versuchspersonen, die Kerze mit den Reißzwecken an der Wand zu befestigen. Einige versuchten, den Boden der Kerze zu schmelzen und sie an die Wand zu kleben. Andere versuchten, die Seite der Kerze zu schmelzen und sie an der Wand zu befestigen. Keine dieser Lösungen funktionierte. Die Lösung des Problems bestand darin, die Reißzwecken aus der Schachtel zu leeren, die Schachtel mit den Reißzwecken an der Wand zu befestigen, den Boden der Kerze zu schmelzen und die brennende Kerze als Kerzenhalter in die Schachtel zu stellen.

Wie verändert nun eine Belohnung das »Kerzenproblem«? Der Wissenschaftler Sam Glucksberg testete dies in einem Experiment an der Princeton-Universität. [2] Professor Glucksberg hat zwei Gruppen von Versuchspersonen gemessen, wie lange sie für die Lösung des Kerzenproblems brauchen. Bei der ersten Gruppe von Versuchspersonen erklärte er, dass er Normen und Durchschnittswerte für die Zeit, die für die Lösung des Problems benötigt wird, aufstellen wollte. Dieser Gruppe wurde keine Geldprämie angeboten. Der zweiten Gruppe bot er Geldprämien von 5 bis 20 $ für die Lösung des Kerzenproblems. Geld ist die wichtigste organisatorische Belohnung, die von Unternehmen angeboten wird, um die Leistung von Mitarbeiter:innen zu steigern und ihre Loyalität und Bindung zu fördern. Die Ergebnisse von Glucksberg zeigten jedoch, dass die zweite Gruppe mit den Geldprämien im Schnitt 3,5 Minuten länger brauchte als die erste.

Barry Schwartz, Professor am Swarthmore College, sagt dazu: »Geld ist kein natürlicher Teil von dem, was wir tun. Es ist z.B. kein natürlicher Anteil, wenn Menschen als Ärzt:innen tätig sind. Das Natürliche daran ist die Heilung von Menschen. Dafür bezahlt zu werden, ist unnatürlich, ähnlich wie bei der Rechtswissenschaft und bei jedem anderen Beruf. Vielleicht ist es also so, dass Geld die Menschen vom eigentlichen Sinn und Zweck ihrer Tätigkeit ablenkt.« [3]

Dieses Experiment zeigt, dass Motivation offenbar anders funktioniert, als wir zunächst vielleicht annehmen mögen. 

Wir wollen uns motiviert fühlen

Um zum Kern des Problems vorzudringen, ist es wichtig zu verstehen, dass wir Menschen uns motiviert fühlen und in den Dingen, die wir tun, einen Sinn sehen wollen. Das ist Teil unseres Menschseins.
Unser Hirn funktioniert wie eine Suchmaschine, die natürlichen Impulsen zum Erlernen neuer Fähigkeiten folgt, um herausfordernde, aber sinnvolle Aufgaben zu lösen. [4]

Sind Workaholics übermotiviert?

Die Forschung zeigt, dass es einen motivationalen Unterschied zwischen engagierten und »arbeitssüchtigen« Mitarbeiter:innen gibt. [5] Workaholics werden hauptsächlich von externen Anreizen motiviert, also Strafe oder Belohnung (extrinsische Motivation), während engagierte Mitarbeiter:innen hauptsächlich aus sich heraus angetrieben werden (intrinsische Motivation). Anders ausgedrückt: Workaholics werden zu ihrer Arbeit »gedrängt« (Push), während engagierte Mitarbeiter zu ihrer Arbeit »gezogen« werden (Pull).

Wir nutzen Metamotivation

Der Begriff Metamotivation wurde vom amerikanischen Psychologen Abraham Maslow geprägt, der bekannt für die Motivationstheorie der Bedürfnispyramide ist. Metamotivationale Überzeugungen beziehen sich auf unsere Überzeugungen und unser Verständnis davon, wie Motivation funktioniert.

Die Forschung von Psychologieprofessor Kou Murayama zeigt, dass wir oft ungenaue Vorstellungen über Motivation haben, insbesondere über die Wirkung von Belohnungen. [6] Murayama erforscht die menschliche Motivation und leitet das multidisziplinäre Motivation Science Lab. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, ein integratives Verständnis der menschlichen Motivation zu erlangen.

Der Motivationsirrtum

Natürlich wünschen wir uns alle mehr Motivation. Aber viele von uns scheinen nie genug davon zu haben, weil wir uns darüber täuschen, woher sie kommt, meint der amerikanische Psychologe und Psychotherapeut Nick Wignall. [7] Die meisten von uns stellen sich Motivation wie einen Blitz vor, der plötzlich auf  geheimnisvolle und kraftvolle Weise einschlägt. Diesen unerwarteten Motivationsschub nennt Nick Wignall »Capital-M Motivation«. Doch diese anfängliche, starke Motivation lässt schnell nach. Wir glauben jedoch, dass Motivation immer so stark sein muss, wie dieser initiale Schub. Das ist ein Irrtum.

In 99 % der Fälle funktioniert die Motivation auf eine ganz andere, viel banalere Weise. Sie ist sogar so alltäglich, dass wir sie nicht einmal als Motivation wahrnehmen. Kurz gesagt, Motivation ist laut Nick Wignall nichts anderes ist, als zielgerichtete positive Verstärkung. Das bedeutet, dass wir, wenn wir uns dauerhaft motiviert fühlen wollen, zuverlässige Quellen positiver Verstärkung in unser Leben einbauen müssen.

Die Regel ist einfach: Tue etwas Kleines, aber Schwieriges. → Erhalte eine Belohnung dafür. → Es ist wahrscheinlicher, dass Du etwas Schwieriges in Zukunft tun wirst.

Noch mehr Tipps für die »richtige« Motivation

Neugierde als Belohnung

Obwohl extrinsische Anreize eine wichtige Rolle für unser Verhalten spielen, können wir eine Aufgabe auch ohne solche Anreize bewältigen, indem wir selbst intrinsische Belohnungen erzeugen. Zum Beispiel durch Neugierde, wie eine Neuroimaging-Studie von Murayama’s Forschungsteam 2020 zeigte. [8]

Motivation als Wirkung, nicht als Ursache

Nick Wignall sagt, die Beziehung zwischen Motivation und Handeln ist keine Einbahnstraße. [9] Wenn man sich motiviert fühlt, fällt es einem leichter zu handeln, aber Handeln führt auch dazu, dass man sich motiviert fühlt. Wenn man über Motivation als Ursache nachdenkt – als etwas, das man braucht, um handeln zu können – führt das eher zu Entmutigung, Untätigkeit und weniger Motivation. Wenn man Motivation jedoch als Wirkung betrachtet – etwas, das man als Ergebnis des Handelns erhält – führt dies oft zu Energie, Zuversicht und mehr Motivation.

Finde das Gute

Nicht immer haben wir Aufgaben vor uns, die wir gerne tun. In diesen Fällen, , besteht der Trick darin, sich auf die Elemente der Arbeit zu konzentrieren, die Spaß machen. Stell dir vor, wie die Erledigung der Aufgabe befriedigend sein könnte – zum Beispiel, deine eigenen Fähigkeiten vor den Führungskräften des Unternehmens zu präsentieren, wichtige interne Beziehungen aufzubauen oder einen Mehrwert für Kund:innen zu schaffen. [10]

Perspektivwechsel

Ein mentaler Trick besteht darin, sich auf das zu konzentrieren, was man bis zur Mitte einer Aufgabe bereits getan hat, und dann seine Aufmerksamkeit auf das zu richten, was noch zu tun ist. [10] Dass dieser Perspektivenwechsel die Motivation steigern kann, fand die Forscherin Ayelet Fishbach heraus. [11] Bei einer Werbeaktion hat beispielsweise die Betonung der abgeschlossenen Schritte (»Sie haben zwei von 10 Einkäufen erledigt«) die Käufe der Kund:innen zu Beginn erhöht und die Betonung der noch fehlenden Schritte (»Sie sind zwei Einkäufe von einer kostenlosen Prämie entfernt«) hat den Verbrauch angekurbelt, als die Käufer:innen sich dem Ziel näherten. Mehr dazu in Ayelet Fishbach Buch »Get It Done: Surprising Lessons from the Science of Motivation.«

Die 15-Minuten-Regel

Ein Tipp für zeitintensive Projekte: Investiere jeden Tag 15 Minuten, um dranzubleiben. Die Idee stammt von der klinischen Psychologin und Autorin Joan Bolker, die unter anderem ein Schreibzentrum in Harvard gegründet und das Buch »Writing your dissertation in 15 minutes a day« geschrieben hat. Sie empfiehlt, mit einem absoluten Minimum von 10 Minuten täglich zu beginnen, mindestens 15 Minuten lang zu schreiben und es dann auf längere Zeiträume auszudehnen.  Am besten verpflichtet man sich, auf jeden Fall 10 Minuten pro Tag zu schreiben, egal was passiert. [12]

Drei Fragen

Im TEDx-Talk »The psychology of self-motivation« zählt Prof. Scott Geller drei Fragen auf, mit denen wir uns selbst motivieren können:

1. Glaube ich, dass ich es schaffen kann? (Selbstwirksamkeit)
2. Glauben ich, dass der Prozess funktionieren wird? (Prozess-Wirksamkeit)
3. Ist es das wert? (Konsequenzen)

Motivationsansteckung

Motivation entsteht durch Beobachtungseffekte. [13] Vielleicht mochte in der Schule ein Freund von mir Mathematik. Selbst wenn Du Mathe ursprünglich nicht mochtest, kann die wiederholte Beobachtung, dass dein Freund Spaß daran hat, eine fiktive innere Belohnung erzeugen, die dir das Gefühl gibt, dass Du Mathe ebenfalls magst. Das Phänomen wird in der Forschung Motivationsansteckung genannt. Wie kannst Du davon profitieren? Plane eine gemeinsame Produktivitäts-Coworking-Session mit Freund:innen oder schaue dir Motivationsvideos auf YouTube an, z.B. »5 HOUR STUDY WITH ME«.


QUELLEN

[1] Duncker, K. (1945). On Problem Solving [Monograph]. Psychological monographs, 58(5, Serial No. Whole no. 270). 

[2] Glucksberg, S. (1962). The Influence of Stength of Drive on Functional Fixedness and

Perceptual Recognition. Journal of Experimental Psychology, 63(1), 36-41. 

[3] Morningstar, J. A. (2012). Drives, performance, creativity and introversion in the workplace.

[4] Kesner, A. J., Calva, C. B., & Ikemoto, S. (2022). Seeking motivation and reward: Roles of dopamine, hippocampus, and supramammillo-septal pathway. Progress in Neurobiology, 212, 102252

[5] van Beek, I., Taris, T. W., & Schaufeli, W. B. (2011). Workaholic and work engaged employees: Dead ringers or worlds apart?. Journal of occupational health psychology, 16(4), 468.

[6] Murayama, K. (2018). The science of motivation. APA.

[7] Wignall, N. (2018). Bootstrapping Motivation.

[8] Lau, J. K. L., Ozono, H., Kuratomi, K., Komiya, A., & Murayama, K. (2020). Shared striatal activity in decisions to satisfy curiosity and hunger at the risk of electric shocks. Nature Human Behaviour, 4(5), 531-543.

[9] Wignall, N. (2021). 3 Tips to Improve Your Motivation for Just About Anything.

[10] Fishbach, A. (2018). How to Keep Working When You’re Just Not Feeling It. Harvard Business Review. 

[11] Fishbach, A., Eyal, T., & Finkelstein, S. R. (2010). How positive and negative feedback motivate goal pursuit. Social and Personality Psychology Compass, 4(8), 517-530.

[12] Bolker, J. (1998). Writing your dissertation in fifteen minutes a day: A guide to starting, revising, and finishing your doctoral thesis. Holt Paperbacks.

[13] Burgess, L. G., Riddell, P. M., Fancourt, A., & Murayama, K. (2018). The influence of social contagion within education: A motivational perspective. Mind, Brain, and Education, 12(4), 164-174.

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