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Für uns Männer

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Warum gehen Männer nicht in Therapie? Weil Männer nicht schwach sein wollen? Weil Männer nicht über Gefühle reden können? Weil Männer lieber alles mit sich ausmachen? Wir drehen den Spieß um. Statt die Männer zu kritisieren, fragen wir: Was könnte man an Therapien verändern, damit mehr Männer hingehen!? Denn es ist zu einfach, es nur auf die Männer zu schieben. Es geht um Ängste, Depressionen, Sucht und Suizid. Aber vor allem um Hoffnung und ein Therapieumfeld, in dem sich alle willkommen fühlen. 

Psychische Störungen sind »Frauenkrankeiten«?

Basierend auf epidemiologischen Studien sind in Deutschland jedes Jahr 27,8 % der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung be­troffen. [1] Dabei werden Geschlechtsunterschiede deutlich: jede dritte Frau ist betroffen und knapp jeder vierte bis fünfte Mann. Hieraus entsteht der Eindruck, dass psychische Störungen »Frauenkrankeiten« sind. Diese Unterschiede lassen sich jedoch durch Rollenstereotype und unterschiedliche Inanspruch­nahme des Gesundheitssystems finden. Ausführliche Informationen gibt es in einem Dossier der DGPPN »Psychische Erkrankungen in Deutschland: Schwerpunkt Versorgung«.

Auch bei Suiziden bzw. Suizidversuchen gibt es deutliche Geschlechtsunterschiede, wie Yasmina Banaszczuk in einem Spektrum-Artikel berichtet. 

Normalitätsbildern aus den 70ern

Eine viel zitierte Fragebogenstudie von Inge Broverman und ihrem Team 1970 am Worcester State Hospital in Massachusetts an drei Gruppen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zeigte deutlich, wie die Rollenbilder von Männern und Frauen geprägt sind: Die Versuchspersonen hatten die Aufgabe anzugeben, welche Merkmale sie mit dem Bild eines gesunden Mannes (Gruppe 1), eines gesunden Menschen (Gruppe 2) und einer gesunden Frau (Gruppe 3) verbinden.

Demnach entspricht das Bild eines gesunden Mannes mit den Merkmalen Unabhängigkeit, Rationalität und Gelassenheit dem Bild eines gesunden Menschen (Gruppe 2). Das Bild einer gesunden Frau (Gruppe 3) wurde mit den Eigenschaften »gefühlvoll, nachgiebig und wenig aggressiv« beschrieben und entsprach genau dem Bild eines psychisch gestörten Menschen. Trotz Enttraditionalisierung sind diese Geschlechtsrollenstereotypien über Zeit und Kulturen hinweg erstaunlich stabil. [2]

Psychisches Leiden von Männern gehen unter – ein geschlechtsspezifischer Blick fehlt oft

In der Sendung Chez Krömer spricht Kurt Krömer erstmals zusammen mit Torsten Sträter über seine Depressionen. Unter anderem berichtet er davon, dass er jahrelang seine Erkrankung nicht erkannt hat, da auch Fachkräfte seine Symptome verkannten.

Jana Hauschild beschreibt in ihrem Spiegel-Artikel, warum ein geschlechtsspezifischer Blick auf die Psyche sinnvoll ist. Zum Beispiel, drücken sich depressive Symptome bei Männern oft anders aus als bei Frauen. 

Das Angebot für Männer fehlt

Männer begeben sich weitaus seltener in Psychotherapie als Frauen. Das liegt nicht nur am Widerstand der Männer, sondern auch am psychotherapeutischen Angebot selbst, schrieb das Ärzteblatt bereits 2011.

Klassische Gesprächspsychotherapie ist stark auf Frauen zugeschnitten. Es gibt jedoch einzelne, die ihr therapeutisches Angebot an Männer anpassen, z.B. Dr. Peter Hotz. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist Chefarzt der Abteilung Suchtmedizin und Sozialpsychiatrie an der Rhein-Mosel-Fachklinik-Andernach und betreibt dort eine Therapiegruppe nur für Männer. Leon hat mit dem Experten gesprochen und einige Tipps von ihm, wie Psychotherapie attraktiver für Männer werden kann.

Du willst das ganze Gespräch mit Leon und Dr. Peter Hotz hören? Dann komm in Leons Klub. Dort hörst Du regelmäßig im exklusiven »Gefragte Gedanken«-Podcast interessante Gedanken und Einsichten von Expert:innen aus der Welt der Psychologie. Sei dabei! 

Weg von den Defiziten, hin zum sicheren Raum

Männer fühlen sich oft falsch, obwohl sie schon alles mögliche probieren, um gut genug zu sein. Herr Hotz ist deshalb wichtig, dass seine Patienten das Gefühl haben, richtig zu sein. Das gelingt ihm, durch das Schaffen von sicheren Räumen in der Therapie.

Weniger klassische Gesprächstherapien, mehr Körper

Peter Hotz sagt, für Männer ist wichtig, dass der Körper mit einbezogen wird in die Therapie. Deshalb sind Übungen, Spiele und Techniken, die auf den Körper abzielen und Energie abbauen immer Teil von seinen Therapieeinheiten.

Auf Männerthemen spezialisieren

Psychotherapeut:innen können das Vertrauen von Männern auch dadurch gewinnen, indem sie sich auf Männerthemen spezialisieren und damit werben. Das vermittelt das Gefühl, als Mann am richtigen Ort zu sein. Herrn Hotz nennt hier als typische Themen z.B. das Gefühl niemals gut genug zu sein; nicht leistungsfähig zu sein, auch nicht für den/die Partner:in, und der Umgang mit Wut, Aggression und Ohnmacht.

Ganzheit erreichen

Das Ziel einer geschlechtsspezifischen Psychotherapie sollte laut Herrn Hotz sein, genügend Raum für die männlichen, als auch die weiblichen Seiten in jeder Person zu geben.

Noch mehr Ressourcen für Männer

Auf die Frage nach weiterführenden Angeboten für Männer hat uns Herrn Dr. Hotz einige seiner Empfehlungen mitgegeben: Eine tiefgründige und das Leben verändernde Erfahrung ist die Teilnahme an der Heldenreise von Zipat nach Joseph Campbell.

Außerdem empfiehlt er zwei tolle Bücher zum Thema Psychotherapie für und von Männern: »Der Weg des wahren Mannes« von David Deida und »König, Krieger, Magier, Liebhaber« von Robert Moore.


QUELLEN

[1] Jacobi F, Höfler M, Strehle J, Mack S, Gerschler A, Scholl L, Busch MA, Maske U, Hapke U, Gaebel W, Maier W, Wagner M, Zielasek J, Wittchen H-U (2014) Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul „Psychische Gesundheit“ (DEGS1-MH). Nervenarzt 85:77–87.

[2] Broverman, I., Broverman, D., Clarkson, F., Rosenkrantz, P., & Vogel, S. Sex-role stereotypes and clinical judgments of mental health. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 1970, 34, 1–7.

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