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Überleben in der Leistungsgesellschaft

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Der Druck ist hoch. Es gilt immer mehr zu liefern. Das nervt und macht Menschen kaputt. Dem stimmen wahrscheinlich die meisten zu und ändern trotzdem nichts. Wir rennen im Hamsterrad und brennen aus. Wie geht das anders? Wie schafft man es, sich selbst Druck zu nehmen und trotzdem vorwärts zu kommen? Freut euch auf Harry Potter (Atze ist maximaler Muggel, Leon kurz vor Potterhead-Status), eine Klassenfahrt nach Oxford, Teilnehmerurkunden für Pubertisten und eine Quizsendung mit Henning Baum und Kuhglocken-Dad-Jokes.

Wir danken der Oxford German Society von ganzem Herzen für die Einladung, Gastfreundschaft und Lust am Diskutieren. Ihr habt uns mit vielen Eindrücken wirklich bereichert.

Macht uns Leistungsdruck kaputt?

Die Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Burnout steigen in Deutschland jedes Jahr an, wie eine Befragung von 1000 AOK-Mitgliedern von 2004 bis 2019 zeigt. Genauso die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen, so der DAK Psychoreport 2021. War Burnout bis vor kurzem keine offizielle Diagnose, nimmt die WHO das »Ausbrennen« in die 11. Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) auf. Dort ist Burnout definiert als ein Syndrom, das sich allein auf das Arbeitsumfeld beschränkt und nicht auf andere Lebensbereiche übertragen werden sollte.

Haben diese Zahlen damit zu tun, dass wir immer höher, schneller und weiter wollen? Und dass wir uns, so schreibt es der Bayrische Rundfunk, am Vorbild »idealer Leistungsmenschen« orientieren und messen?

Leistungsgesellschaften gab es schon immer

David McClelland, ein US-amerikanischer Verhaltens- und Sozialpsychologe, war der Verfasser des Standardwerks über die Leistungsgesellschaft: »Die Leistungsgesellschaft: psychologische Analyse der Voraussetzungen wirtschaftlicher Entwicklung«. Er definierte Leistungsgesellschaft als »die Gesellschaften, die sich rascher entwickelt haben«.

An vielen Teilkomponenten des heutigen Begriffs gemessen gab es schon vor Jahrtausenden Leistungsgesellschaften. Man denke zum Beispiel an den Bau von Pyramiden, Bewässerungsanlagen am Nil oder den Bau des Kolosseums – all das sind Leistungen. Und auch die gesellschaftliche Position war schon früher danach ausgerichtet, wer am meisten Leistung erbrachte. [1]

Need for Achievement – Menschen wollen leisten

Wir sehen eine Leistungsgesellschaft schnell negativ. Dabei übersehen wir oft: Etwas leisten zu wollen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Der US-amerikanische Psychologe Henry A. Murray nannte es »Need for Achievement«. [2] Das Bedürfnis nach Leistung bezieht sich auf den Drang des Einzelnen, etwas zu erreichen, hohe Standards zu setzen und die Kontrolle zu haben. [3]

Was unterscheidet eine gesunde Leistungsbereitschaft von krankhaften Perfektionismus?

Wir wollen also alle leisten. Aber: Es gibt auch ein zu viel. Irgendwann kann unsere Leistungsbereitschaft ins Negative kippen. Der Spiegel-Artikel »Wenn Perfektionismus zur Last wird« beschreibt sehr gut, dass unsere Maßstäbe dann zum Problem werden können, wenn unser Selbstwert von ihnen abhängt.

Um das Thema Leistung, Perfektionismus und Selbstwert geht es auch immer wieder in Leons Klub. Werde Mitglied bei WeMynd und nimm an exklusiven Sessions mit Leon teil, höre den Expert:innen-Podcast »Gefragte Gedanken« und werde Teil einer psychologieinteressierten Community. Sei dabei! 

Overachiever – wir bewundern sie, während sie leiden

Wir alle kennen Personen, die in die Gruppe der Überflieger oder der sogenannten »Overachiever« fallen. Bei all ihrem Erfolg werden wir schnell neidisch. Aber wir sollten unseren Neid besser mit etwas Mitgefühl verbinden, erklärt ein Artikel von The School of Life. Was Overachiever von den einfach nur Hochtalentierten oder Motivierten unterscheidet, ist das, was sie bei ihrer Arbeit antreibt. Sie arbeiten vor allem oder in erster Linie nicht, weil ihnen das, was sie tun, besonderen Spaß macht oder weil sie dringendere materielle Bedürfnisse haben als der Rest von uns, sondern weil sie einem ungewöhnlich intensiven inneren, psychologischen Druck ausgesetzt sind.

Du möchtest wissen, ob Du selbst ein Overachiever bist? In der Huffpost gibt Prof. John Eliot und Autor von »Overachievement: The New Model for Exceptional Performance« Tipps, woran Du das erkennen kannst.

Vom Overachiever zum Better Achiever – Tipps

Wie kannst Du es schaffen, die positiven Aspekte deiner Leistungsbereitschaft zu fördern und die negativen in Zaum zu halten?

Glaub an deine Fähigkeiten

In der Wissenschaft ist klar: Leistungsmotivation ist ein Konstrukt, das aus einer Vielzahl an Aspekten besteht. Dazu gehört auch das Fähigkeitsselbstkonzept, also der Glaube daran, dass ich Fähigkeiten habe, bestimmte Aufgaben zu meistern.

Dieses Fähigkeitsselbstkonzept ist laut einer Studie an der TU Dortmund mit deutschen Gymnasiast:innen die wichtigste Komponente von Leistung. [4]

2 wichtige Fragen

Der bereits angesprochene Spiegel-Artikel zum Perfektionismus, stellt zwei spannende Fragen, wenn es darum geht, abzuschätzen, ob dir deine Leistungsstandards gut tun:

Warum mache ich mir so einen Stress?

Stell dir die Frage: Wie wichtig wird es in einem Jahr noch sein?

Du musst nicht immer für alles motiviert sein

Such dir Momente oder Bereiche, in denen du bewusst nichts leistest.

Setze deinen eigenen Erfolgsparameter

Viele Menschen wissen nicht, worauf sie hinarbeiten, was ihr Ziel ist oder wie ihr ideales Leben überhaupt aussehen würde. Der Forbes-Artikel von Melody Wilding stellt dazu einige spannende Fragen.

Perform not Achieve

»Achieve« kommt aus dem Altfranzösischen und bedeutet so viel wie »bring to a head«. Und genau das tun Overachiever: Sie bringen die Dinge auf den Punkt. Manchmal ist es schön anzusehen, manchmal nicht, aber so oder so, sie werden es schaffen. Erledigt. Koste es, was es wolle.

»Perform« stammt zwar auch aus dem Französischen, ist aber etwas ganz anderes. Es bedeutet im Wesentlichen, etwas durch Veränderung zu vollenden. Die Kunst besteht nicht nur darin, etwas auf die Spitze zu treiben, sondern es zu vervollständigen, es ganz zu machen, es zum Besseren zu verändern. [5] Ein sehr schöner Blick auf Leistung!


QUELLEN

[1] Arzberger, K. (1988). Über die Ursprünge und Entwicklungsbedingungen der Leistungsgesellschaft. In: Krise der Leistungsgesellschaft?. VS Verlag für Sozialwissenschaften.

[2] Edgerton J.D., Roberts L.W. (2014) Need for Achievement. In: Michalos A.C. (eds) Encyclopedia of Quality of Life and Well-Being Research. Springer, Dordrecht.

[3] David C. McClelland and David G. Winter. Motivating Economic Achievement. New York: Free Press, 1969.

[4] Steinmayr, R., Weidinger, A. F., Schwinger, M., & Spinath, B. (2019). The importance of students’ motivation for their academic achievement–replicating and extending previous findings. Frontiers in psychology, 1730. 

[5] McKeown, L. (2013). Are You a High-Performer--or Just an Overachiever?There's a difference. A big difference. High-performers grow a business into what it needs to be. Inc.

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