Die Zukunft der Arbeit
Alles zur Betreutes Fühlen-Folge
Unsere Arbeitswelt verändert sich – Bürgergeld, Fachkräftemangel, 4-Tage-Woche, so viele Jobwechsel wie noch nie. Das kann schnell überfordern! Und macht Fragen auf: Bin ich zufrieden mit meiner Arbeit? Was motiviert mich? Welcher Job erfüllt mich? Muss er mich erfüllen? Wir schauen zusammen hinter die Kulissen. Die Psychologie hat Antworten darauf, warum Arbeit gesellschaftlich und auch ganz persönlich gerade ins Wanken gerät und wo wir ansetzen können, damit wir mehr Zufriedenheit im Job erleben.
Die Deutschen verlieren die Freude an der Arbeit
Knapp 4000 Deutsche hat das Umfrageinstitut Yougov im Auftrag des Versicherungsunternehmen HDI repräsentativ befragt und herausgefunden, dass 56 % ihren aktuellen Job sofort aufgeben würden, wenn sie es sich leisten könnten. [1] Außerdem wünschen sich Menschen flexibleres Arbeiten. Besonders junge Berufstätige wollen mehr Freiräume im Beruf.
Drei Viertel aller Beschäftigten plädieren für die Einführung der 4-Tage-Woche und der Anteil junger Beschäftigter, die sich ein Leben ohne Beruf vorstellen können, wächst.
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Great Resignation – die große Kündigungswelle
Dieser Trend, dass Menschen wenig Jobbindung empfinden, zeigt sich weltweit. Das hat den Begriff »Great Resignation« geprägt. Mehr Menschen denn je wechseln ihren Job. [2]
Die Gründe für die Great Resignation zeigen Forschungsergebnisse von McKinsey [3]: Arbeitnehmer:innen wünschen sich mehr Wertschätzung von ihrem Unternehmen und ihrem Vorgesetzten. Außerdem wollen sie sich am Arbeitsplatz zugehörig fühlen.
Fragt man jedoch Arbeitgeber:innen nach den Gründen, warum ihre Mitarbeiter:innen gekündigt haben, nannten sie schlechte Vergütung, geringe Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie schlechte körperliche und emotionale Gesundheit. Diese Diskrepanz ist interessant.
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Bürgergeld löst Grundsicherung ab
Am 01.01.2023 löst das Bürgergeld Arbeitslosengeld II und Sozialgeld ab. [4]
Am Bürgergeld wurde einiges an Kritik laut, z.B. erzürnten sich einige darüber, dass Bürgergeld-Empfänger:innen neben den Regelsätzen auch noch Miete, Heizkosten und die Rundfunkgebühr bezahlt werden. Die tatsächlichen Einnahmen sind also weit höher als die Regelsätze, schreibt der Focus.
Eine Frage, die sich daraus ergibt: »Lohnt sich Arbeiten überhaupt noch?«
Fakt ist, dass man sich als Empfänger:in von Bürgergeld nicht einfach auf die faule Haut legen kann. Es gibt Pflichten. So müssen sich Bürgerld-Empfänger:innen aktiv um einen neuen Job bemühen oder vermittelte Jobs annehmen bzw. sich in Aus- und Weiterbildungen begeben.
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, sagt gegenüber dem Deutschlandfunk: Nicht das Bürgergeld ist zu hoch, sondern die Gehälter in einigen Branchen zu niedrig. [5]
4-Tage-Woche – weniger Arbeiten und gleich viel leisten?
Der Wunsch nach einer 4-Tage-Woche wird immer größer, wie die Berufe Studie zeigt. [1]
Weniger Arbeiten und gleich viel leisten, so soll es aussehen. Dieses 100-80-100 Arbeitsmodell wird u.a. seit Juni in einem Pilotprojekt in Großbritannien getestet. Das heißt: Arbeitnehmer:innen bekommen den gleichen Lohn für 80 Prozent der geleisteten Arbeit, verpflichten sich aber zu 100-prozentiger Produktivität. [6]
Dieses Arbeitsmodell sehen einige kritisch. Die reguläre Arbeit sei schon in 40 Stunden nicht zu schaffen. [7] Andere werben gezielt um Azubis mit der 4-Tage-Woche. [8]
Angesichts des Fachkräftemangels und zukünftigen Erhöhungen des Rentenalters fordern andere genau das Gegenteil: 42-Stunden-Woche statt 40. [9]
Ob eine 4-Tage-Woche wirklich die erhofften Entlastungen für Arbeitnehmer:innen bringt, bleibt abzuwarten. Erste Forschungsergebnisse aus Pilotprojekten zeigen sehr individuelle Auswirkungen. [10]
Du brauchst eigentlich gar nicht so viel Freizeit, wie Du denkst
Laut Cassie Holmes von der UCLA Anderson School of Management und Autorin des Buches »Happier Hour« ist die Zeit, die wir benötigen, um uns glücklicher zu fühlen, wissenschaftlich gesehen geringer, als wir vielleicht denken. [11]
Homes untersuchte Daten aus der amerikanischen Zeitbudgeterhebung (American Time Use Survey), bei der 35.000 Menschen befragt wurden, wie sie ihre Zeit verbringen und wie sie sich dabei fühlen.
Sie fanden heraus, dass wenig oder gar keine Freizeit zu haben schrecklich ist. Zu viel machte die Leute allerdings auch nicht glücklich.
Das heißt, es gibt einen »Sweet Spot«. Und dieser scheint zwischen zwei und fünf Stunden pro Tag zu liegen – weniger macht unglücklich. Aber bei mehr als fünf Stunden Freizeit nimmt die Lebenszufriedenheit tatsächlich ab, weil die Menschen das Gefühl haben, dass ihnen ein Sinn fehlt.
Versuche »Job Crafting«
Der Begriff »Job Crafting« wurde von Professorin Amy Wrzesniewski geprägt. Dabei geht es darum, die Teile der Arbeit zu identifizieren, die am meisten Spaß machen (z. B. Kundengespräche oder die Schulung jüngerer Mitarbeiter:innen), und sicherzustellen, dass wir diese Aufgaben so oft wie möglich ausführen. [12]
Es wird immer ein paar unangenehme Aufgaben geben, die wir hassen und die wir nicht vermeiden können – aber Job Crafting hilft, um diese verachteten Aufgaben so umzugestalten, dass sie sich mehr lohnen. [13]
Eine Studie aus 2019 konnte zeigen, dass Job Crafting funktioniert. [14] Auch in Jobs, die vielleicht auf den ersten Blick wenig Handlungsspielraum bieten.
[1] Neue repräsentative Befragung HDI Berufe-Studie 2022.
[2] Schwarze, T. (2022). Great Resignation in Deutschland: Hype oder Grund zur Sorge? Westpress.
[3] ‘Great Attrition’ or ‘Great Attraction’? The choice is yours (2021). McKinsey.
[4] Bürgergeld löst Grundsicherung ab. (2022) Bundesregierung.
[5] Sackmann, C. (2022). Die Bürgergeld-Analyse zeigt, ob sich Arbeiten in Deutschland noch lohnt. Focus.
[6] Zimmermann, S. (2022). Debatte über 42-Stunden-Woche: Wie lange arbeiten Menschen in anderen Ländern? RedaktionsNetzwerk Deutschland.
[7] Gontk, F., & Quecke, F. (2022). »Die Arbeit ist in 40 Stunden pro Woche nicht zu schaffen«. Spiegel.
[8] Quecke, F. (2022). »Von Montag bis Donnerstag will ich Höchstleistung sehen – aber nach 17.15 Uhr ist Feierabend«. Spiegel.
[9] Münkel, J. (2022). Mehr arbeiten statt später in Rente? Deutschlandfunk Kultur.
[10] Sanok, J. (2021). How to Ask Your Boss For a 4-Day Workweek. Harvard Business Review.
Villegas, P., & Knowles, H. (2021). Iceland tested a 4-day workweek. Employees were productive — and happier, researchers say. The Washington Post.
Delaney, H., & Casey, C. (2021). The promise of a four-day week? A critical appraisal of a management-led initiative. Emerald.
Harrington, C. (2022). The 4-Day Week Is Flawed. Workers Still Want It. Wired.
Gadeyne, N., Verbruggen, M., Delanoeije, J., & De Cooman, R. (2018). All wired, all tired? Work-related ICT-use outside work hours and work-to-home conflict: The role of integration preference, integration norms and work demands. Journal of Vocational Behavior, 107, 86-99.
Cropley, M., & Zijlstra, F. R. (2011). Work and rumination. Handbook of stress in the occupations, 487, 503.
Russell, E., & Woods, S. A. (2020). Personality differences as predictors of action-goal relationships in work-email activity. Computers in Human Behavior, 103, 67-79.
[11] Santos, L. The Amount of Free Time Required to Improve Our Work/Life Balance is Less Than We Think. The Science of Wellbeing.
[12] Santos, L. Unhappy at Work? Tips for Making Your Working Day More Enjoyable and Fulfilling. The Science of Wellbeing.
[13] Wrzesniewski, A., & Dutton, J. E. (2001). Crafting a job: Revisioning employees as active crafters of their work. Academy of management review, 26(2), 179-201.
[14] Oprea, B. T., Barzin, L., Vîrgă, D., Iliescu, D., & Rusu, A. (2019). Effectiveness of job crafting interventions: A meta-analysis and utility analysis. European Journal of Work and Organizational Psychology, 28(6), 723-741.